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Projektpartner:innen


Konzept

In Mülheim an der Ruhr gibt es drei sehr unterschiedliche, lebendige Theaterinstitutionen: Die Mülheimer Theatertage, das Ensembletheater Theater an der Ruhr und das Koproduktionshaus Ringlokschuppen Ruhr. Gemeinsam bilden sie seit September 2019 die Theaterallianz vier.ruhr.

vier.ruhr steht inhaltlich für den Austausch der drei Institutionen und ihre verbindende vierte Dimension, mit deren schöpferischer Kraft sie in die Stadt Mülheim, das Ruhrgebiet und darüber hinaus künstlerisch agieren und wirken. Besonders der digitale Raum wird aktiv ins Spiel gebracht, da er auch aus dem Theater nicht mehr wegzudenken ist und in letzten Jahren verstärkt seine Kraft, Notwendigkeit und sein Potenzial gezeigt hat.

Die Akteure und assoziierten Künstler:innen von vier.ruhr begreifen Kunst und Theater als eine gesellschaftlich eingreifende Form der Kommunikation. Mit innovativen Formaten, Projekten und Kooperationen haben sie sich gemeinsam auf den Weg gemacht, Strategien der Zusammenarbeit zu (er)finden, um den Austausch untereinander und zwischen Theater, Stadt und Gesellschaft zu stärken. Durch die organischen Begegnungen in der vier.zentrale in der Stadtmitte von Mülheim kommen Menschen ins Gespräch und neue Ideen können entstehen: Das Stadtbild und unsere Gesellschaft befinden sich im dynamischen Wandel und vier.ruhr gestaltet aktiv mit.


Projekte
2022/23

Bild: sputnic visual arts

Ein Mensch wie ihr

Begleitet von Soundinstallationen, Videos, Aktionen und DJing „erobern“ drei künstlerische Teams um die Choreografin Rafaële Giovanola, die Autorin und Regisseurin Christine Umpfenbach und den Regisseur und bildenden Künstler Philipp Preuss die Räume der Stadthalle Mülheim. Menschen aus der Region stehen neben Schauspieler*innen, Tänzer*innen und Musiker*innen auf den Bühnen. Ein großer, diverser Chor aus Bürger*innen der Region und Mitgliedern der Chöre der Petrikirche erweitert das professionelle Ensemble. Insgesamt gestalten mehr als 60 Beteiligte das multiperspektivische Kunstfest.

Gemeinsam gehen sie der ewigen Frage nach: Ist der Mensch nun „von Natur aus gut“ oder doch „des Menschen Wolf“? Bertolt Brechts Fragment „Fatzer“, das in Mülheim an der Ruhr spielt, bildet die hochaktuelle Folie für sehr unterschiedliche Erkundungen. „Drei Minuten lang nachzudenken“ – wie es im „Fatzer“ heißt – über die Spezies Mensch als Egoistin, als Kriegstreiberin und gleichzeitig als das Gemeinschaftswesen, das sehnsuchtsvoll nach einer anderen Welt strebt.


HUNDERTPRO Festival Vol. 4 (Ringlokschuppen Ruhr)

Von zeitgenössischem Tanz, Theater und Performance über Video und Spoken Word bis hin zu Comedy und Stand-Up stehen auch beim 4. Hundertpro Festival wieder die verschiedensten Kunstformen gleichberechtigt nebeneinander.

In kurzen Slots ist auf drei Bühne die Vielfalt künstlerischer Nachwuchstalente der unterschiedlichsten Genres zu erleben. Hier ist für jeden etwas dabei und es gibt wie immer viel neues zu entdecken. Aber hundertpro!


Bild: F. Götzen

Die Frau vom Meer (Regie: Philipp Preuss | Theater an der Ruhr)

Zum ersten Mal spielen wir auf dem See im Raffelbergpark und nähern uns dem fremden Element Wasser. Die Spielfläche: Ein Haus auf dem Gewässer. Natur und Kunst verschmelzen während der Weißen Nächte. Die Zuschauer betrachten, ausgestattet mit Kopfhörern, die Szenerie vom sicheren Ufer aus, Ibsens Menschen hingegen bewegen sich auf schwankendem Terrain, das Meer besitzt dabei eine geheimnisvolle Anziehungskraft.

Wie so oft bei Ibsen kreisen die Figuren im Stück um sich selbst, auf der Suche nach der eigenen Natur, der eigenen Bestimmung – nach Sicherheit oder Freiheit. Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratet Dr. Wangel Ellida, die Tochter eines Leuchtturmwächters. Sie sehnt sich nach dem Meer zurück und nach jenem Seemann, dem sie vor zehn Jahren begegnete. „Das Grauenvolle liegt viel tiefer, Wangel! Das Grauenvolle, das ist der Sog.“


Bild: sputnic visual arts

model city

Was braucht DEINE Stadt? Was brauchst DU? Unter diesem Motto wurde mit sehr unterschiedlichen Menschen aus Mülheim Ideen entwickelt und mit Pappe, Spielzeug und jeder Menge Fantasie in die Form von analogen Modellen gebracht.

Die Ergebnisse waren in einer Augmented-Reality-Ausstellung in Mülheim zu sehen. Mit ausgeliehenen Tablets konnten Interessierte die Modelle live in ihrer Stadt zum Leben erwecken und neue Impulse kennenlernen.


2021/22


Asia Bistro – Made in Rice, Soya and slit eyes (2022)

Lachs mit Schlitzaugen und Nudeln durch die Ohren – in ihrem Langzeitprojekt „Asia Bistro – Made in Rice“ untersucht Hien Hoang das Zusammenspiel von Essen, Identität und Klischees gegenüber der Asiatischen Kultur im Westen. Durch die Kombination von Fotografie, Performance und Installation will sie stereotype Vorstellungen provozieren und Gegenbilder schaffen.

In der Installation Asia Bistro: Made in Rice, Soya and slit eyes, die speziell für diese Ausstellung konzipiert wurde, hat Hien Hoang verschiedene Bühnen aufgebaut, die dem Publikum eine offene Erfahrung bieten.


Fatuma Musa Afrah: Together, we rise!

Fatuma Musa Afrah kommt nach Mülheim, um sich über ihre aktivistischen Erfahrungen sowie Expertisen bezüglich Frauen Empowerment sowie Gründung mit Menschen aus der Region auszutauschen. Im ersten Teil wird Afrah eine Keynote präsentieren. Im zweiten Teil leitet sie den Austausch mit den Anwesenden und wird über diverse Themen sprechen, u. a. Frauenrecht, den Netzwerkaufbau und wie Rassismus und Diskriminierung mit der Politik aktiv bekämpft werden können.

Afrah ist eine preisgekrönte Menschen- und Frauenrechtsaktivistin. Sie hat den Brandenburger Verein United Actions Women and Girls e.V. gegründet und setzt sich vor allem für ‘Newcomer*innen’ ein. Afrah bevorzugt das Wort gegenüber ‘Flüchtlingen’, da sie die mit dem Begriff verbundene Diskriminierung ablehnt. Sie ist außerdem Autorin.


Vom Gedanken bis zur Veröffentlichung #1

Mit der Lesung von defrag aus Düsseldorf möchten wir die Reihe “Vom Gedanken bis zur Veröffentlichung” beginnen. Die Selbstpublikation ist oft eine wichtige Plattform für Autor*innen, die aus ihren marginalisierten Perspektiven erzählen möchten. Wir haben uns vorgenommen, 2022 Lesungen und Podien mit verschiedenen Publikationen, die ohne Verlage entstanden sind, zu präsentieren.

defrag zine ist ein feministisches Zine-Kollektiv aus Düsseldorf an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft. Es wird von Ina Holev, Lan Nguyen, Lisa Tracy Michalik und Jolande Hörrmann herausgegeben. Die aktuelle Ausgabe beschäftigt sich u. a. mit Selbstreflektion, nicht-linearer Zeitlichkeit und sogenannter “Normalität.”


Digitalität: die aktuelle Praxis und Zukunftsvisionen

Die Digitalität ist spätestens seit dem Ausbruch der Pandemie nicht mehr aus unserem Leben wegzudenken. Plötzlich bekommen viele spürbar mit, wie die digitale Technologie unser Leben bestimmt. Glücklicherweise hat die Situation den Vorteil, dass Fachleute barriereärmer mit interessierten Menschen ins Gespräch kommen können.

Zusammen mit unseren Gästen möchten wir erörtern, inwiefern der Weg in die Digitalität Chancen eröffnet, die wir vielleicht auch noch gar nicht erahnen können. Und gleichzeitig soll es auch um die Gefahren gehen – kommen wir hier jemals wieder raus?


Bild: Jessica Arseneau

Dawns (Urbane Künste Ruhr, Ringlokschuppen Ruhr)

Die Arbeit Dawns der kanadischen Künstlerin Jessica Arseneau beschäftigt sich mit dem Zustand der Schlaflosigkeit im Morgengrauen an der Schwelle zwischen Nacht und neuem Tag.
Während ihres einjährigen Aufenthalts als Residentin des Programms Zu Gast bei Urbane Künste Ruhr drehte Jessica Arseneau mit Laiendarsteller*innen in den frühen Morgenstunden eine Reihe von One-Take-Videos in verschiedenen Umgebungen im Ruhrgebiet.

Die Arbeit Dawns von Jessica Arseneau entstand im Jahr 2021 im Rahmen ihres Aufenthaltes als Residentin des Programms „Zu Gast bei Urbane Künste Ruhr zu Gast bei der Silent University Ruhr“, einer Kooperation zwischen Urbane Künste Ruhr und Ringlokschuppen Ruhr. Dawns wurde realisiert mit freundlicher Unterstützung des Makroscope e.V. – Zentrum für Kunst und Technik und der vier.zentrale. Herzlicher Dank gilt dem Canada Council for the Arts für die großzügige Unterstützung des Projekts.


Bild: Björn Stork

Voices from the Silent University #1

Im Anschluss an die erste Lesung von Fragmenten des laufenden Autobiografie-Projekts des Interkulturellen Frauen Empowerment Netzwerk kam die Idee zustande, mit einer Reihe von vier Lesungen in die vier.zentrale zurück zu kehren, da das Netzwerk in diesem Raum beheimatet ist.

Die Schreibenden werden ihre eigene Geschichten erzählen und für sich selber sprechen. In der herzlichen Atmosphäre möchten sie sich mit anderen Autor*innen und dem Publikum austauschen. Für den Auftakt lesen Mona Alshabani und Lolita Agatep-Foy ihre Texte über ihre Identitäten vor und werden dabei musikalisch umrahmt.


Praktisch Galaktisch (Ringlokschuppen Ruhr)

Vor dem Weltentor ins Unbekannte geht es ganz schön galaktisch zu! Hier steht ein Kaugummi kauender, gelangweilter Türsteher. Wie gelähmt lässt er eine Kaugummiblase nach der anderen platzen. Er scheint zu warten. Auf wen oder was, das weiß man nicht.

Plötzlich erscheint ein Mischwesen, nicht Mensch, nicht Tier, nicht Pflanze und doch von allem ein bisschen etwas. Irgendwie dazwischen halt. Es rappt zuckersüße Melodien und tanzt sich die Seele aus dem Leib. Das lustige bunte Viech lädt in seine abenteuerlichen Welten ein. Traust du dich mit? Na dann los! Es wird garantiert praktisch galaktisch!


Bild: sputnic visual arts

Weastern Dreams and Eastern Promises (sputnic visual arts, Kainkollektiv)

Ausgestattet mit Handkameras durchqueren die kainkollektivisten Europa von West nach Ost. Aus Sicht ihrer unterschiedlichen Biografien und Identitäten spüren sie den Krisen und Potenzialen des Kontinents nach. In Europa werden Grenzen wieder hochgezogen und längst überwunden geglaubte nationale Abschottungspolitiken wiederbelebt. kainkollektiv begibt sich auf eine Reise,

um Europas Geografie und Geschichte für sich neu zu vermessen – irgendwo zwischen Heimat und Apokalypse. Der „on the road“ entstehende Film trifft auf der Bühne die anwesenden Schauspieler*innen. Dabei entsteht eine Performance zwischen realen Körpern und virtuellen Doublen. Der Road Movie wird zum Theater Trip, der die Umrisse des alten Kontinents abfährt und die Geografie für viele Biografien öffnet.


Bild: Björn Stork

Unter dem Teppich (God’s Entertainment)

Was wird unter den Teppich gekehrt in Deutschland und der gesamten europäischen Gemeinschaft? Diese Frage nehmen God’s Entertainment zum Anlass für eine künstlerische Recherche und die daraus resultierende Installation Unter dem Teppich. Letztes Jahr hat die Gruppe in der vier.zentrale einen Teppich (Ćilim) anfertigt, der die

Europa-Flagge abbildet. Seine Fäden und seine Struktur aus Kett- und Schussfäden, die in einem komplexen Gewebe aufeinandertreffen, stehen symbolisch für gesellschaftliche Zusammenschlüsse und Menschen aller Art in Bewegung. Die Ausstellungsbesucher:innen können in Interaktion mit der Installation gehen.


Bild: F. Götzen

Europa oder die Träume des Dritten Reichs (UA) (Regie: Philipp Preuss | Theater an der Ruhr)

Nein, keine Stunde Null, die illusionäre, die Uhr tickte weiter, zumindest die historische, von Neuanfang konnte keine Rede sein. Als Schlafwagenschaffner fährt der junge Deutschamerikaner Leopold Kessler durch das surreale Deutschland der Nachkriegszeit, vorbei an verwüsteten Ortschaften und Landschaften voller Tristesse. Wie in einem Traum heiratet er in die Familie des Direktors seines Bahnunternehmens ein und befindet sich plötzlich mitten unter ehemaligen Nazis, Gruppierungen von Werwölfen, die gegen das Virus der Vergangenheit immer noch nicht immun sind und nicht hinnehmen wollen, dass der Krieg verloren war. Das Virus lebt fort.

Der Abend verzahnt Lars von Triers Filme „Europa“, „Epidemic“ und Charlotte Beradts Textsammlung „Das Dritte Reich des Traums“ zu einer albtraumhaften Befragung unserer Gegenwart. Geschichte als Fiktion, Fiktion als Geschichte, Nazis und die Pest als ewige Wiedergänger. Eine Zugfahrt in unsere Vergangenheit der Zukunft der Vergangenheit. Eine theatrale Hypnose.

„Du willst aufwachen, um dich vom Wahnbild Europas zu befreien. Aber das ist nicht möglich.“


HUNDERTPRO Festival Vol. 3 (Ringlokschuppen Ruhr)

Vielfältig, multiethnisch und postmigrantisch – unsere Gesellschaft befindet sich in einem stetigen Wandel. Diese Realität wollen wir auch wieder mit der dritten Ausgabe des HundertPro Festival (re-) präsentieren!
Von zeitgenössischem Tanz, Theater und Performance über Neuer Zirkus und Physical Theatre bis hin zu Comedy und Stand-Up stehen hier die verschiedensten Kunstformen gleichberechtigt nebeneinander.

Dabei setzt HUNDERTPRO bewusst den Fokus auf postmigrantische Nachwuchskünstler*innen und diverse Gruppen, die aus knapp 100 Bewerbungen aus NRW und dem gesamten Bundesgebiet ausgewählt wurden. Auf den Brettern, die die Welt bedeuten sollen, bildet sich immer noch viel zu wenig ab, dass wir längst in einer vielfältig-diversen Gesellschaft leben.


Bild: Stephan Glagla

Kultur der Vielfalt

Für viele Menschen in Deutschland gehören Rassismus und/oder Diskriminierung zum Alltag ihres Lebens. Davon sind Künstler:innen und Kulturschaffende nicht ausgenommen, im Gegenteil. Die Kulturinstitutionen in Deutschland stehen erst am Anfang eines strukturellen Wandels. Der inter- bzw. transkulturellen Arbeit kommt im Spannungsfeld von Globalisierung, zunehmender nationalistischer Tendenzen und jahrzehntelanger Migrationsgeschichte eine wachsende Bedeutung zu.

Vom 23. bis 26. September gibt es verschiedene Vorstellungen, Diskussionen, Musik sowie eine Ausstellung an unterschiedlichen Veranstaltungsorten in Mülheim an der Ruhr. In zahlreichen Workshops, Lesungen, Podien und Vorträgen u.a. mit Rebecca Ajnwojner, Golschan Ahmad Haschemi, Michaela Kuczinna, Dan Thy Nguyen, Dr. Emilia Roig, Mark Terkessidis und Akteur:innen unserer Kooperationspartner*innen Interkultur Ruhr und Silent University Ruhr werden viele unterschiedliche Perspektiven sichtbar.


Bild: F. Götzen

Nathan.Death (Regie: Philipp Preuss | Theater an der Ruhr)

Die Frage nach Toleranz ist seit Lessings „Nathan der Weise“ bis heute komplex angesichts der Kontroversen anhand der drei großen monotheistischen Religionen. Generationen von Schüler*innen haben sich mit Lessings Ringparabel auseinandersetzen müssen. Dass Toleranz aber auch in Repression umschlagen kann, war eine These Herbert Marcuses, der in den sechziger Jahren als Sozialphilosoph eine herausgehobene Rolle spielte.

Zaimoglus und Senkels neue Version des Nathan-Stoffes beschreibt auf der Basis einer scheinbar fiktiven Realität den alten Grundkonflikt der religiösen Zugehörigkeiten, die von der Frage der politischen Macht nicht abzutrennen sind. Die Inszenierung von Philipp Preuss deutet die Erfindung des Monotheismus als Erfindung des Patriarchats, die Vertreter der drei Weltreligionen werden von drei Schauspielerinnen gespielt.


Bild: F. Götzen

Onkel Wanja. Into the trees (Regie: Philipp Preuss | Theater an der Ruhr)

Sah Anton Tschechow schon 1896 eine Klimakrise voraus? In diesem Jahr erschien sein Theatertext „Onkel Wanja“ und Astrow, wie Tschechow Arzt, äußert sich darin wie folgt: „Die Wälder verschwinden, die Flüsse trocknen aus, die Tierwelt stirbt, das Klima verschlechtert sich und die Erde wird immer ärmer und hässlicher.“ Tschechow beschreibt eine Gesellschaft desinteressierter Menschen, die um sich selbst kreisen und alle denkbaren Projekte trotz ihres eigenen, sichtbaren Verfalls in eine ferne Zukunft verbannen.

Sie nehmen das Unglück nicht nur in Kauf, es ist ihr Sonntagskleid, das sie ziert, Ausdruck ihrer Individualität, die sie jedoch nie zum Handeln drängt.
Sehen werden Sie eine Inszenierung, die mit Hilfe von Videoprojektionen das ganze Theaterhaus bespielt, die Stimmen der Schauspieler*innen werden dem Publikum dank Kopfhörern aber ganz nah sein.


2020/21


Bild: Daniela Motzkus

StückeWerkstatt (Mülheimer Theatertage)

Zusätzlich zum Wettbewerb um den Mülheimer Dramatikpreis und den Mülheimer KinderStückePreis gibt es nun die Mülheimer StückeWerkstatt. Hier arbeiten Autor*innen gemeinsam mit Regisseur*innen frei von Zeit- und Konkurrenzdruck an einem Theatertext und dessen Umsetzung. Dabei können sie sich immer wieder über theoretische und praktische Fragen des Schreibens für Theater austauschen. Erfahrene Mentor*innen begleiten die Arbeit.

Renommierte Theaterhäuser geben den Text-Regie-Tandems die Möglichkeit, das entstehende Stück frühzeitig auf sein szenisches Potenzial hin zu testen. Mit den Schauspieler*innen des Partner-Theaters entwickeln die Tandems Präsentationen des jeweiligen Arbeitsstandes, die bei den 47. Mülheimer Theatertagen gezeigt werden. Die Autor*innen, Regiesseur*innen und Ensembles der ersten Mülheimer StückeWerkstatt präsentierten den Stand Ihrer Arbeit am 21.5.22 im Ringlokschuppen.


Overdose – the unfinished show of pain and joy (Kainkollektiv, Collective Ma’louba, Boat People Projekt)

Eine weite Bühne, die von einer Gruppe von Menschen bevölkert wird: Ein Schriftsteller, ein Komponist, ein Maler und ein Erzähler. In der Mitte des Raumes das Orakel, dem sie alle gemeinsam dienen. Drei Reisende erscheinen, sie sind mit ihren eigenen Anliegen beschäftigt und kommen aus ihrer ganz persönlichen Isolation. Kann das Orakel ihnen helfen? Kann es ihnen Antworten auf ihre Fragen geben? Und wird es ihnen zeigen, wer sie wirklich sind?

Sieben Darsteller:innen, drei Sprachen und einige Schmerzen und Freuden – boat people projekt, Collective Ma’louba und kainkollektiv laden dich ein zu einer Theaterreise von stimmlosen Sänger:innen, zerrissenen Schauspieler:innen und Nicht-Performer:innen. Das Projekt ist über einen Zeitraum von 12 Monaten in Zusammenarbeit zwischen den drei Kollektiven und einer vielfältigen Gruppe von Theatermacher:innen aus Syrien und Deutschland entstanden.


Bild: Björn Stork

Ur-Heidi – eine Heim-Suchung (Regie: KGI Büro für nicht übertragbare Angelegenheiten | Ringlokschuppen Ruhr)

Wie reicht das Schweigen über den Nationalsozialismus in Täter*innen-Familien bis in unsere Gegenwart hinein? Heidi muss zum Großvater. In Johanna Spyris Bergroman gibt Tante Dete ihre verwaiste Nichte wortlos beim Alten ab, der als gefährlich gilt. In der Begegnung mit der Enkelin verliert er nach und nach die Aggressionen aus einer im Nebel liegenden Vergangenheit. Diese Erlösungsgeschichte ist eine der bekanntesten Heimaterzählungen des deutschsprachigen Raums aus dem 19. Jahrhundert.
KGI machen einen Zeitsprung und konfrontieren sie mit dokumentarischen

Selbstauseinandersetzungen. Sie thematisieren die Mittäter*innenschaft der eigenen Familien im Nationalsozialismus und rekonstruieren die eigene Großeltern-Eltern-Kind-Beziehung: Können wir den*die Täter*in in uns erkennen? Als Heim-Suchung bringt der Theaterabend Ausschnitte aus dem Roman Heidi, Fragmente aus Gesprächen mit den eigenen Eltern, persönliche und politische Reflexionen und popkulturelle Reminiszenzen an die Nachkriegsgeneration zusammen. Eine theatrale Suche (nach) der Gefühlserbschaft der dritten Generation.


HUNDERTPRO Festival Vol. 2 (Ringlokschuppen Ruhr)

Diverse Künstler*innen, vielfältige Formen – HundertPro geht in die zweite Runde! Aus über 100 Bewerbungen aus NRW und dem gesamten Bundesgebiet wurden vierzehn Arbeiten mit 85 Künstler*innen für die zweite Ausgabe des HundertPro ausgewählt. Der Vorstellungsmarathon setzt den Fokus auf (post)migrantische Nachwuchskünstler*innen

und zelebriert auch dieses Jahr ihre Arbeiten. Von zeitgenössischem Tanz, Theater und Performance über Videoinstallation bis hin zu Comedy und Stand-Up stehen hier die verschiedensten Kunstformen gleichberechtigt nebeneinander. In diesem Jahr gibt es kein buntes Festivalgetümmel, sondern Bühnenkunst mit Abstand.


Bild: T. Aurin

Voyage (Regie: Philipp Preuss & Felix Römer | Theater an der Ruhr)

„Voyage“ ist ein Road Play, ein Trip durch Literatur und Zeit, ein Travelogue über das Überwinden und Überschreiten von Grenzen, über die Lust, sich selbst zu verlassen, um ein Anderer zu werden. Eine Reise um die Welt durch Gebirge, Täler, Meere, Wüsten und Seelenlandschaften. Von den Irrfahrten der Antike bis zu den ersten Schritten des Menschen auf dem Mond und den Weiten der Voyager II Expedition:

Der Mensch geht und geht und geht – und bleibt sich doch immer nur auf den Fersen. Ein Mash Up mit Texten von über 50 Autorinnen und Autoren zu vergangenen und künftigen Aus- wie Einsichtspunkten. Eine Wanderung mit dem Schauspieler Felix Römer.


Bild: Stephan Glagla

Eröffnung der vier.zentrale

Die vier.zentrale ist der gemeinsame Projektraum von vier.ruhr in der Mülheimer Innenstadt. Seit einigen Jahren gestalten Ringlokschuppen Ruhr, die Silent University und das Bildungsnetzwerk Innenstadt gemeinsam in der Innenstadt den Projektraum dezentrale. Jetzt ziehen Theater an der Ruhr und Mülheimer Theatertage „Stücke“ mit ein. Die dezentrale wird zu vier.zentrale und steht exemplarisch für das Zusammenspiel von Theater, Stadt und Gesellschaft.

Gemeinsam werden neue Möglichkeiten ausgeschöpft, Veranstaltungen und Begegnungsformate zwischen Theater und Stadtgesellschaft realisiert. Der Raum in der Leineweberstr. 14-17, der von der bildenden Künstlerin Irene Pätzug neu gestaltet wurde, sollte ursprünglich am 9. Mai 2020 eröffnet werden. Auf Grund der aktuellen Corona-Pandemie wurde der Termin auf den 05.September 2020 verschoben und ist seitdem in der Stadt präsent.


2019/20


Bild: sputnic

Das Dekameron

Die Einleitung von Giovanni Boccaccios DAS DEKAMERON liest sich, also ob das, was wir gerade erleben, alles schon mal da gewesen ist. Die Pest tobt 1348 in Florenz, Menschen fürchten sich, gehen nicht mehr raus. Einige feiern das Ende der Welt, andere versuchen den Verfall der Sitten zu stoppen und die Moral aufrecht zu halten. In dieser Situation flüchten sieben Frauen und drei Männer vor der Seuche in ein Landhaus.

Unfähig das Haus zu verlassen, beginnen sie sich gegenseitig Geschichten zu erzählen, in denen mit der wankenden Ordnung, neuen Liebesbeziehungen und sozialer Fantasie gespielt wird. Wir haben zehn künstlerische Teams, die mit dem Theater an der Ruhr, dem Ringlokschuppen Ruhr und den Mülheimer Theatertagen „Stücke“ eng verbunden sind, eingeladen, Geschichten aus ihrem “Landhaus”, aus ihrer Quarantäne, zu erzählen und sie mit uns zu teilen.


Digitale Communities

Mit der Untersuchung von hybriden Ästhetiken und neuen Produktionsweisen hinterfragen wir auch die Kommunikationswege und -formen mit unserem Publikum im Netz. Wir haben zwei Künstler:innen engagiert, für das kommende Jahr die Social Media Kanäle von vier.ruhr zu bespielen. Die zentrale Drehscheibe ist unser Instagram-Kanal, der journalistisch Bezug auf das Programm von vier.ruhr nimmt, dabei aber

auch immer wieder mit künstlerischen und narrativen Formen an der Schnittstelle von Theater, Kunst und Online-Medien spielt und experimentiert. Die künstlerische Social Media Redaktion besteht aus drei Künstler:innenpersönlichkeiten, jede bringt ihre eigene Mischung aus Performance, Bildender Kunst und Literatur mit: Pooyesh Frozandeh, Marie Sturm und Anna Júlia Amaral.


Bild: K. Fersterer

Unterwerfung / Gegen den Strich (Regie: Philipp Preuss | Theater an der Ruhr)

Verzweifelt und zynisch haben Jean Floressas Des Esseintes, magenkranker Adelsspross mit Hang zum Spleen, und Francois, abgehalfterter Professor für Literatur mit Vorliebe für junge Studentinnen, mit der Welt abgeschlossen. Die Protagonisten aus Joris-Karl Huysmans Dekadenzroman „Gegen den Strich“ (1884) und Michel Houellebecqs Skandalroman „Unterwerfung“ (2015) sitzen beide

an reich gedeckter Tafel und doch verzehren sie sich nach etwas, das ihren Hunger nach Sinn stillt. Während der eine dabei den radikalen Rückzug aus der Gesellschaft zelebriert, sieht sich der andere einem fundamentalen Systemwandel unter dem Vorzeichen des politischen Islam gegenüber. Ein europäisches Menü in zwei Zeiten und fünf Gängen.


HUNDERTPRO Festival Vol. 1 (Ringlokschuppen Ruhr)

Vielfältig, multiethnisch und postmigrantisch – unsere Gesellschaft befindet sich in einem stetigen Wandel. Diese Realität wird in einem neuen Festival (re-) präsentieren. Ein postmigrantisches Nachwuchsfestival im Marathon-Format! Auf zwei Bühnen waren insgesamt 16 Arbeiten von rund 53 Künstler*innen zu sehen.

Von zeitgenössischem Tanz, Theater, Performance über Comedy, Stand Up, Spoken Word bis hin zu Physical Theatre und Cirque Nouveau standen hier die verschiedensten Kunstformen gleichberechtigt nebeneinander.


Bild: F. Götzen

Der Untergang der Titanic. Eine Komödie (Regie: Philipp Preuss | Theater an der Ruhr)

Zwei Stunden und vierzig Minuten dauerte 1912 der tatsächliche Untergang der Titanic und noch heute geht dieser Dampfer immer wieder unter. Hans Magnus Enzensberger beschreibt in dreiunddreißig Gesängen diesen Untergang in verschiedenen Zeiten zwischen 1912 und 1978. Ebenso wechseln die Orte: Berlin, Havanna und auf den verschiedenen Decks der Titanic, die die sozialen Klassen auf dem Schiff trennten und damit auch die Chancen, auf eines der Rettungsboote zu gelangen.

„Es passt also furchterregend gut, wenn im Theater an der Ruhr Regisseur Philipp Preuss, sich jenem größten und inspirierendsten aller Schiffsunglücke widmet. […] Der Riß im Raum, die angekündigte Katastrophe, öffnet sich als elektronische Hörspiel-Installation – wie auch der ganze Abend ein raffiniert rhythmisiertes Klang-Spiel ist.“

nachtkritik